Lesung und Gespräch

Föhrenwald


in: Martin-Niemöller-Haus


Die letzte jüdische Siedlung in Europa lag mitten in Bayern: 12 Jahre lang, von 1945 bis 1957 lebten in Föhrenwald, südlich von München, zeitweise mehr als 5000 Juden, Überlebende des Holocaust, mit sieben Synagogen und Betstuben, mit jüdischer Polizei und jüdischer Feuerwehr, mit einer Rabbiner-Universität und einer illegalen Militärschule. Man sprach jiddisch, aß koscher und hörte Radio Jerusalem. 1957 wurde Föhrenwald aufgelöst, umbenannt und aus dem kollektiven Gedächtnis gelöscht.

Alois Berger ist dort aufgewachsen, er hat das Schweigen erlebt: „Ich habe meine ganze Jugend in einer Theaterkulisse verbracht, einer schönen, fast kitschigen Theaterkulisse mit verschneiten Bergen am Horizont, glasklaren Seen, malerischen Bauerndörfern und barocken Kirchen. Natürlich war das alles real, aber die Bilder im Kopf bekamen zerschlissene Ränder und fadenscheinige Stellen, als ich herausfand, dass mitten in dieser friedlichen Landschaft ein blinder Fleck war, eine große, undurchsichtige Leerstelle, über die nie geredet worden war.“

mit Alois Berger

Alois Berger, Journalist und Autor, berichtete 20 Jahre lang als EU-Korrespondent aus Brüssel und reiste als Reporter durch Europa, bis er vor einigen Jahren von Föhrenwald erfuhr. Seitdem wühlt er in Archiven und befragt Zeitzeugen in Deutschland und Israel – und kommt aus der Fassungslosigkeit nicht mehr heraus.

Foto: Bernd Lommel

Zu der Veranstaltung laden das Martin-Niemöller-Haus der Ev. Kirchengemeinde Berlin-Dahlem und Schleichers Buchhandlung herzlich ein.